Warum fehlt Scharlach im Impfkalender?

Warum es gegen Scharlach keine Impfung gibt


Um zu erfahren, was Scharlach ist, nehmen wir gerne ein Lehrbuch der Kinderheilkunde in die Hand. Dort sind alle Symptome geschildert, dann kommen je nach dem aktuellen Stand des Wissens die Theorie über die Entstehung von Scharlach dazu und dann können wir im Lehrbuch lesen, was alles Scharlach ist und wie diese Krankheit zu behandeln ist. Lehrmeinung ist es auch, dass es bisher nicht gelungen ist, einen zuverlässigen Schutz durch Impfungen zu erzielen.
Also, Scharlach ist eine ansteckende Krankheit, der Erreger ist ein Streptokokkus, die Behandlung erfolgt mit Penicillin, alles bestens, alles einfach.
Die Scharlacherkrankung ist ein Musterbeispiel dafür, dass die gängigen Meinungen über Entstehung, Ansteckung, Immunität und Gefährlichkeit der Krankheiten nicht stimmen können, auch wenn es so im Lehrbuch steht.

Schwere oder leichte Krankheit?

Beginnen wir mit der wichtigsten Frage. Müssen wir uns vor Scharlach fürchten? Wie bei den meisten Krankheiten gibt es auch bei Scharlach leichte und schwere Formen der Krankheit. In den Lehrbüchern ist da von „Scarlatinella“ die Rede, der leichten und harmlosen Art. Heutzutage finden wir bei uns (in den reichen Ländern) meistens nur die leichten Formen. Schwer verläuft Scharlach, wenn eben die Lebensbedingungen, Ernährung, Kleidung, Krankenpflege, Wohnverhältnisse nicht ideal sind, wie es früher bei uns war und heute noch in den armen Ländern der Fall ist. Selten kann auch bei uns der Scharlach gefährlich werden, wenn extreme Unterkühlungen vorausgehen. Vor einigen Jahren wurde in einem Medizinjournal mit großen Schlagzeilen über einen bösartig verlaufenden Scharlach berichtet. Mitten im Sommer waren zwei junge Mädchen auf einer Schiffsreise auf der Ostsee sehr schwer an Scharlach erkrankt. Sie waren infolge eines unerwarteten Wettersturzes in sommerlicher Kleidung mehrere Stunden dem kalten Wind und Regen ausgesetzt gewesen.
In den Lehrbüchern wird weiter angeführt, dass zu Scharlach Komplikationen gehören. Da ist vom Scharlachrezidiv, dem „zweiten Kranksein“ die Rede, dann von der Scharlachnephritis (Nierenentzündung nach Scharlach) und auch Herzmuskelentzündung. Aber auch diese Komplikationen treten nicht schicksalhaft oder zufällig auf, sondern sind auch die Folgen von Umständen, welche die Betreuung und medikamentöse Behandlung des Kranken betreffen. Für solche Komplikationen sind kalte Wohnungen, mangelnde Krankenpflege und schädliche Medikamente verantwortlich.
Es ist daher nicht richtig, Scharlach entweder als leichte oder als schwere Krankheit zu bezeichnen. William Osler, einer der maßgeblichen Autoritäten der modernen Medizin prägte den richtungweisenden Satz: „It is more important to know whot sort of patient has a disease, than whot sort of disease a patient has“. Wie schwer eine Krankheit, wie immer sie heißt, wirklich ist, hängt von der der jeweiligen Verfassung ab. Dazu gehört natürlich die Umgebung, welche den Verlauf entscheidend mitbestimmt.

Ist Scharlach ansteckend?

Es gibt den Begriff Kinderkrankheiten. Damit ist gemeint, dass bestimmte Krankheiten eben vorwiegend im Kindesalter auftreten. Der kindliche Organismus reagiert auf Veränderungen oder Belastungen viel auffälliger als der Erwachsene. Hautauschläge, Fieber, Erbrechen, Drüsenschwellung, aber auch die Reaktionen des Gemüts, wie Ängste, Zorn und Eifersucht sind beim Kind viel heftiger als später im Erwachsenenalter. Gerade bei den akuten Krankheiten ist der Zusammenhang zwischen auslösenden Ursachen und Krankheitsbild klar zu erkennen, z. B. Fieber nach Unterkühlung.
Bei einigen akuten Krankheiten im Kindesalter kommt es zu besonders typischen Hautausschlägen, die von ihrem Aussehen den Namen erhalten haben. Varizellen (kleine Knötchen), Scharlach (rote Verfärbung) etc. Wegen ihrer typischen Hautausschläge werden einige Kinderkrankheiten auch exanthematische Kinderkrankheiten (Exanthem Hautausschlag) genannt.
Erst in der jüngsten Zeit werden Kinderkrankheiten vermehrt zu den ansteckenden Krankheiten gezählt. Als extremes Beispiel dieser irrigen Tendenz, alle Kinderkrankheiten einfach als ansteckend zu bezeichnen, seien hier die Mollusca contagiosa erwähnt. Es handelt sich hier um Dellwarzen bei Kindern, die sogar nach dem lateinischen Namen contagiosum (ansteckende Dellwarzen) ansteckend genannt werden. Ich kenne keinen Arzt, der diese Hauterscheinung auf eine Ansteckung zurückführt.
Der Streit, welche Krankheiten nun ansteckend sind und welche nicht, dauert schon viele Jahrhunderte. Seitdem Antibiotika in die Medizin Einzug gehalten haben, beherrscht die folgende simple Erklärung das medizinische Denken: Wenn sich bei einem Patienten ein Bakterium nachweisen lässt, ist er infiziert worden. Woher das Bakterium gekommen ist, danach braucht niemand zu fragen. Es genügen da auch die banalsten Behauptungen, etwa auf Spielzeugen oder anderen Gegenständen, Löffel, Spielsachen etc. hätten die Streptokokken (kettenförmig angeordnete Bakterien) gehaust. Aus diesem Grunde wurden in der ersten Zeit dieser Betrachtungsweise nach einer Scharlacherkrankung aufwändige Desinfektionen vorgenommen, die an rituelle Handlungen erinnern. Dieser geradezu militärisch anmutende Einsatz wird heutzutage nicht mehr durch geführt. Offenbar glauben selbst bakteriophobe (Menschen, die sich ständig von Mikroorganismen bedroht wähnen) Mediziner nicht mehr an die Sinnhaftigkeit solcher Maßnahmen. Es wird möglicherweise damit begründet, dass durch den Einsatz des Antibiotikums die Bakterien ohnehin vernichtet würden.
In den Jahren meiner Landarztpraxis hatte ich getreu den strengen Empfehlungen der Antibiotikaindustrie auch allen im Haus lebenden Angehörigen Antibiotika verordnet. Doch blieb dank des gesunden Menschenverstandes meiner Patienten diese ärztliche Anordnung fast immer unbefolgt.
Endgültig musste ich die Vorstellung, Scharlach sei ansteckend, fallen lassen, nachdem ich von der Mutter einer kleinen Patientin zu Rate gezogen wurde. Bei diesem Mädchen wurde innerhalb eines einzigen Jahres sieben Mal Scharlach festgestellt. In der Umgebung der kleinen Patientin hatte es aber kaum Scharlach gegeben. Erst eine Umstellung der Ernährung und die Änderung falscher Badegewohnheiten beendeten die zahlreichen Rückfälle an Scharlach.
Die Tatsache, dass Scharlach selbst in kinderreichen Familien nur vereinzelt auftritt, bestärkte mich, die Ansteckungstheorie bei Scharlach zu bezweifeln.
Schließlich festigten die häufigen Beobachtungen in meiner Praxis von über 35 Jahren, dass jeder Scharlacherkrankung immer eine Unterkühlung vorausgeht, meine Überzeugung, dass die Vorstellung, Scharlach sei ansteckend, auf einer nicht zubeweisenden Hypothese beruht.

Scharlach und Impfung

Im Laufe der Geschichte der Impfung wurden auch Versuche unternommen, Impfungen gegen Scharlach auf den Markt zu bringen. Selbst in den anerkannten Lehrbüchern der Kinderheilkunde wird eine Schutzwirkung einer Impfung gegen Scharlach als unsicher bezeichnet. Scharlach bekommen die Kinder häufig mehrere Male. Die Hautausschläge sind aber fast nur beim ersten Mal zu sehen. Weil aber Scharlach so häufig diagnostiziert wird, würde das ans Licht kommen, was Impfbetreiber befürchten; es würde sich herausstellen, dass Scharlach trotz Impfung immer wieder auftritt. Der Glaube an die schützende Wirkung von Impfungen würde dadurch schwinden.
Scharlach gehört also zu jenen Krankheiten, an denen wir lernen können, auf welch wackeligen Fundamenten das Gebäude der Impftheorien steht.
Jedoch der ungebremste Erfolg der Impfpropaganda wird immer wieder dazu führen, es doch mit einer neuen, verbesserten Impfung gegen Scharlach zu versuchen.


Ligist, 2. Oktober 2008
Dr. Johann Loibner
Arzt für Allgemeinmedizin